Anna Sengenhorst schießt als erste Frau den Vogel bei der Schützenbruderschaft Osterwick ab

„Es fühlt sich einfach an wie im Film“

Osterwick

Als mittlerweile der 480. Schuss auf den Holzvogel an der Stange abgefeuert war, wurde Melchior Lülf langsam nervös. „Ich lief im Schützenbusch auf und ab, das war schon ein besonderer Moment“, gibt der Erste Brudermeister der Schützenbruderschaft Osterwick zu. Denn: 500 Schuss waren geordert, „wir haben sogar schon einen Jäger nach Hause geschickt, um Munition zu holen“, sagt Lülf und lacht. Vom Nachschub hat es dann glücklicherweise nicht mehr viel gebraucht: Mit dem 502. Schuss holte Anna Sengenhorst am frühen Sonntagabend den zähen Vogel von der Stange. Erstmalig feiert die Schützenbruderschaft somit eine Königin – und das ausgelassen. „Es fühlt sich einfach an wie im Film“, lässt die Königin gestern die Festtage Revue passieren.

Von Leon Seyock

Hoch die Gläser! Gestern klang das Fest der Schützenbruderschaft Osterwick mit dem Sternschießen aus. Auch diese Damen prosteten sich zu und bejubelten ihre neue Königin Anna Sengenhorst. Foto: Leon Seyock

Viel los ist am Montagmittag im Wiedel-Busch, wo das Fest der Bruderschaft traditionell mit dem Sternschießen ausklingt. Strahlend nimmt die Majestät auch einen Tag später noch zahlreiche Glückwünsche entgegen. „Ich glaube, du standest gestern ziemlich neben dir“, wirft Lülf der neuen Königin zu. Anna Sengenhorst nickt kräftig und erklärt, dass das Mitmischen am Gewehr eigentlich auf eine Wette zurückgeht: „Mit Jan hatte ich den Deal, dass er im Brock auf den Vogel schießt. Wenn er dort König geworden wäre, dann wäre ich Königin gewesen.“ Da das aber nicht der Fall war, durfte Anna in Osterwick draufhalten. Die Pinke Kompanie hat sie in ihrem Vorhaben lautstark unterstützt und aus voller Kehle angefeuert. „Das habe ich gar nicht so richtig wahrgenommen“, gibt ihre Majestät lachend zu. Umso größer war dann der Jubel, als der Vogel fiel. Für Anna war es also Ehrensache, dass ihr bester Freund als Prinzgemahl an ihrer Seite steht. „Und ich muss das jetzt alles mitmachen“, sagt Jan Leutermann scherzhaft und hebt sein Bierglas.

Nachdem Anna die Königskette um den Hals gelegt wurde, ging alles ganz schnell, „denn als Brudermeister hat man ja einen ordentlichen Festablauf im Hinterkopf“, betont Melchior Lülf. Im „Schweinsgalopp“ ging es nach der Proklamation zurück ins Dorf.

Locker und entspannt ist die Stimmung gestern im Schützenbusch, und vor der Vogelstange bildet sich schnell eine lange Stange. „Wir schießen gleich alles auf einmal ab“, kündigt Birgit Dröger-Kempkes an. Sie ist gemeinsam mit ihren Mädels im Schützenbusch aufgeschlagen und genießen gemeinsam die Atmosphäre. Erfahrung im Umgang mit dem Gewehr bringt Dröger-Kempkes jedenfalls mit: Sie rang am Sonntag als zweite Frau um die Königswürde. „Insgesamt hatte wir acht Anwärter, das war schon toll“, wirft der Brudermeister ein.

Als eine „runde Sache“ beschreibt Stefan Kersting, Zweiter Brudermeister, das zurückliegende Fest. Das Zelt sei zu beiden Königsbällen voll gewesen. „Die Stimmung war nach der langen Pause echt klasse.“ Um 5 Uhr schloss die neue Majestät am Montagmorgen das Zelt ab. Schon jetzt freut sich Anna auf das Fest im nächsten Jahr, wie sie erzählt. Und der Vogelbauer hat übrigens schon angekündigt, nächstes Jahr einige Löcher in das Holzvieh sägen zu wollen...